Detlef, 55 Jahre alt.
Die Laternen sind aus den Straßen gestiegene Lieder.
Niemand will hier Städte bauen
oder an Wolken kratzen.
Sie stehen wie Maiglöckchenglieder
auf dem Asphalt und blühn.
Familien sind zu Schafen dressiert,
zu Schrebergärten.
Wir reden von Möglichkeiten.
The stars in a black box from an unknown place.
Auf den Straßen von fern,
abwärts des Berges,
wirkt alles mählich und müde.
Die Lichter im Ort sind
glühwurmpartituiert, verpixelter nur,
hornhautgekrümmt,
spitzgeflügelt und glasdurchstuft:
the village sleeps as if on wool.
Wie von einer Frequenz unterwandert
gehen sie durch das Dorfhauslegomassiv.
Ja, wo bleibt hier nur die Großstadtelegie?
Hin und wieder fahren Autos
vorbei an Scheunen. Am Ortsrand
baute man eine Villa: „Zum schwarzen Peter vier.“
Zwischen einem Landhaus
aus Wind und Mondlicht
und den Straßenschildern
schläft die Nachtigall.
Du bist für mich wie eine Landschaft und
ein Ausblick über Weite, Tal und Hang,
der Regen nässt im Grau die Bäume wund,
und aus der Tiefe steigt der Flüsse Klang.
Ich seh die Wiesen und ich sehe dich
und bin berührt von deinem Angesicht,
als wärst du Porzellan, fast königlich,
doch einen Namen? Nein, den hast du nicht.
Ich warte auf die Ebbe und die Flut.
Ich seh mich selbst in dir versanden,
bin wohl verschüttet und auch ohne Mut -
nie hab ich dich im Ansatz je verstanden.
Gesprochen von Fritz Stavenhagen
Was in Stille beginnt, mündet in Stille.
Ein Tag wie jeder andere auch.
Dazwischen liegen bräsige Häuser mit müden Fenstern,
die einen Kirchturm spiegeln.
Kühe waren noch nie etwas anderes.
Ihr Kuhsein hört einfach nicht auf.
Genau wie der Himmel aus fleur de lin!
Man spricht von Entwicklungschancen auf
zernarbten Asphaltstrecken,
während die Natur keine Integrationshilfe sucht.
Sie blüht ja ohnehin.
Es bellt hinter Zäunen,
wo doch Freiheit grenzenlos scheint,
flachgefellt oder aufgepelzt hecheln Hunde in Heißwütigem.
Der Kleine Bäcker verkauft Eierschecke.
Im saturierten Sonderangebot
gibt es Blätterteig als Bouffant.
Per Du is(s)t man umsonst.
Nur eine Straße führt in das Nirgendwo
und niemand will wissen, wohin.
Wer aufhören will, kommt hierher.
Der Wind legt die Wiesen schachmatt,
wahrend süßes Kareishu unmerklich
sich um Lilien schleicht: Grabbusiness.
Es scheint kein Problem zu sein!
Nur die Lerchen sind willkommene Mänaden.
Zu Smetana isst man Donauwellen,
oft ist es weniger großstadtbegeistert als woanders
und die Nacht beginnt wie der Tag
fast in trauriger Fülle.
der bach:
der stein im dorf
in einem bach.
ist heimat?
das leblose der fragmente
von wasserfedern in wellchen. heimat.
die gliederlosen umarmungen durch
die finger der wasserrose
rinnen zu lassen.
auch hier: ist dies das setting?
die forelle ist
muhme des stillstands, oder? nein. sie ist
träger und die grammatik der spiegelungen
des firmaments.
vielleicht ist sie ein fremdwort?
vielleicht hat jemand
ihre körper verglast
und aus den farben des
papiers der beginnenden
dämmerung
ihr eine flosse geschnitten
auf körper geklebt
im rinnsal
aus gestapelten lautleben
der zeit.
Gesprochen von Fritz Stavenhagen
1
Ich bin verloren, Gott, ich lebe
von allen Engeln abgewandt.
So bin ich der, der immer geht,
der Schwankende, durch Sturm und Land,
ein Duft, der durch die Jahre weht
und dessen Flügel müde sind.
(Bin ich denn immer noch dein Kind?)
Bist du die Haut, an der ich hafte,
an der ein Kuss vorübergeht?
Ich weiß, du bist der Namenhafte,
der wie ein Berg im Nebel steht.
Und du bist immer noch das eine:
Ein Stern, der über allem blüht.
Ein Licht, auf alle dunklen Steine.
Das Rot, das in den Rosen glüht.
Ja. Mählich, werde ich dein Abend.
Die Muhme, die sich in dir müht,
dein kleines und dein krankes Elend. -
In meinem Traum bist du ein Flur,
der Türen hat und die ich täglich schließe,
dann wirst du Raum in mir und eine Uhr,
in deren Zeitvergehen ich zerfließe
zu einem Rinnsal einsamer Sekunden.
Nun war ich jener, der, der weinte,
und du, der alle Ängste in mir einte, -
wo warst du nur, zu jenen Stunden?
2
Du hast dich mit mir abgefunden,
mit Winters Hand nahmst du mein Laub
aus meiner Krone, die mich krönte,
aus meiner Krone, die verhöhnte
und machtest aus mir einen Blinden -
du bist die Eiche, ich die Linden,
und mit der Furcht auf meine Lider
begieße ich mein Königreich
und meine Länder werden Lieder.
Du sagtest nicht, was mir hier droht!
Der Mensch, der ist kein Ort der Ruhe.
Nur Schand und Schiss gehn in das Abendrot,
und nach dem süßen Tropfen meiner Jugend
erkaltet dieser Wein in meiner Brust.
Ich bin die Stille, du bist stiller.
Die Liebe? Ja, die Liebe? Wäre Tugend?
Will ihn nicht trinken, diesen Schleim!
Ich zehr aus Dunklem meine Lust.
So lausch ich bange, diesem Abendgange,
nur eine Träne noch schreibt diesen Reim.
Jürgen, 40 Jahre alt.
Ich fließe in den Bächen mit dahin,
die nur das Fließen kennen und nicht mich.
Wie könnt ich sie auch rühren, denn ich bin
ein Mensch, gering und sanft gelegentlich.
Die Wolken wissen nicht um mein Wohin,
und nicht warum, wieso auch sollte ich
es ihnen sagen, sähen sie den Sinn
in mir, der ihnen nur im Regen glich?
(Was ist der Mond und wo ist seine Mondin,
vielleicht ging sie hinfort?)
Die Nacht ist da. Mein Blick ist so sehr müde
und schwach und schläfrig ist mein junges Herz.
Der Schlaf. Was wäre ich? Wenn er einlüde,
in dir zu fließen wie ein Edelerz.
Gesprochen von Fritz Stavenhagen
Gesprochen von Fritz Stavenhagen
der bach:
Wie weit die Nächte mir in Tiefen reichen,
kein Leben weiß, wohin sie wirklich enden.
Durch dürre Wipfel wandern schon die gleichen
Verzweigungen, die sich der Nacht zuwenden.
Da zieht sie ein, die Nacht wie dunkles Laub,
wie es durch Gassen blättert, leise rauscht,
und jedes Tagwerk ward zu süßem Staub,
der sich in Schlummer schmiegt, den Träumen lauscht.
Der Wald wiegt sich in Schwärze triebig nieder,
und ich, ein alter Freund, bald voller Scham,
befrag den bangen Wind: "Wann wehst du wieder?",
er spricht: "Ich bin ein Wunsch, der niemals kam".
© 2024 - Matthias Schramm. Alle Rechte vorbehalten.
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